Die Sportgruppe München durfte sich kürzlich einer ganz besonderen Herausforderung stellen: Ein Mitarbeiter der Bayerischen Schlossverwaltung (genauer: „Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen“, also die mit den großen Schlössern) hatte angefragt, ob wir bei der Öffnung eines Tresors aus dem Nachlass von König Ludwig II. von Bayern behilflich sein könnten.
Die Anfrage wurde beim nächsten Sportabend besprochen und traf sofort auf begeisterte Zustimmung.
Anhand von Fotos war bereits erkennbar, dass der reich dekorierte Schrank mit einem kombinierten Chubb-Bramah Schloss ausgestattet ist, das erstaunlicherweise von den Restaurateuren der BSV bereits von aussen zerstörungsfrei teilweise zerlegt werden konnte.
Mitarbeiter der BSV konnten anhand dieser Information eine Patentschrift für ein ähnliches Schloss recherchieren (Combinirtes Brahma-Chubbschloss von Franz Garny, Kaiserliches Patentamt, Nr. 11619) und haben uns diese vorab zugeschickt.
Anfang Oktober 2012 war es dann soweit: Fünf Mitglieder der SpG München trafen sich an einem Montag Nachmittag im Schloss Nymphenburg mit Mitarbeitern der BSV und nahmen den Panzerschrank in Augenschein.
Das Chubb-Schloss lag bereits zerlegt in Einzelteilen am Boden,
aber dahinter kam ja ein weiteres Schloss zum Vorschein, ein Bramah Schloss mit 7 Zuhaltungen.
Zunächst wurde der Schliessmechanismus analysiert, verschiedene Hypothesen aufgestellt, und schließlich waren wir uns einig: Ein kurzer Stift auf dem Bramah-Teil fungiert als Mitnehmer für den „Riegel“ des Chubb-Teils – das Schloss kann also mit einem Schlüssel ohne passende Bramah-Kerben gar nicht gedreht werden, und ohne passenden Chubb-Bart würde es dann nach ein wenig Drehung ebenfalls blockieren.
Die Aufgabe bestand also nun darin, den Bramah-Teil zu entsperren.
Eine Manipulation erschien sehr herausfordernd, aber da zwei der Zuhaltungen bereits beschädigt waren, entschieden wir uns dafür, die Zuhaltungen einfach herauszuziehen – eine Taktik, die wir bereits vorher als Rückfall-Lösung besprochen hatten.
Danach ließ sich der Bramah-Teil problemlos drehen, es wurden zunächst die Riegel und dann eine Falle zurückgezogen, und dann konnte die schwere Tür unter lauten „Offen!“-Rufen geöffnet werden. Nun wurde auch die volle Schönheit des Schlosses (von der Fabrik-feuerfester-Cassaschränke von CHR. BACHMANN in München) sichtbar,
mit Riegeln nach drei Seiten (plus Falle) und Hintergreif-Riegeln zur Bandseite – selbstverständlich alles wunderschön dekoriert.
Im Tresor befanden sich Teile der Außen-Dekoration, die offenbar ein früherer Restaurateur im 20. Jahrhundert dort gelagert hatte, als der Schlüssel noch vorhanden war.
Außerdem befindet sich links oben im Schrank noch ein Innentresor. Weitere Analysen dessen Schlosses mit gebogenen Drähten und abgefeilten und aufgebohrten Schrankschlüsseln bestätigten die Vermutung, dass es sich dabei um ein Chubb-Schloss handelt.
Nach einer Führung durch die Möbel-Restaurierungs-Werkstatt, die u.a. mit recht interessanten Geräten zur Materialanalyse ausgestattet ist,
ging ein sehr spannender aussergewöhnlicher Sportnachmittag zu Ende. Das Chubb-Schloss des Innenfachs, sowie diverse Truhen aus dem Bestand der BSV, planen wir als Herausforderungen für unseren nächsten Besuch im Schloss Nymphenburg ein, der sicherlich nicht allzu lange auf sich warten lassen wird.